Jakobsweg: Tag 2 oder kleine Dinge ganz groß

Heute möchte ich einfach die ganze Vielfalt an Einzelmomenten teilen, die der Camino für mich bereitgehalten hat.

  • Meine Bettnachbarin beschwerte sich heute Morgen lautstark über einen nervigen Schnarcher im Raum. Ich machte mich ganz klein und musste lachen als klar wurde, dass sie die Mitschläferin ganz links meinte. Scheinbar gibt es einfach auch Menschen, die noch lauter Schnarchen als ich.

  • Der liebe Pablo der Villa Palatina, meiner ersten Unterkunft, fragte mich direkt als ich an den Tisch kam und kaum meine Sachen abgestellt hatte ob ich einen großen Kaffee haben wollte. Ich schnell: „Si Si“ und schon bald stand vor mir eine ganze Schale mit leckerem Milchkaffee. Ich habe mich selten so über einen einfachen Kaffee gefreut.

  • Heute waren die Anstiege wirklich steil und viel länger als gestern. Einmal „kraxelte“ ich bei 6% Steigung auf den Berg. Puuuuh. Ich habe mir allerdings angewöhnt immer wieder Pausen zu machen und mich dabei umzudrehen um zu sehen wie viel ich schon geschafft hatte. Gut tut man auch daran nur auf denWeg genau vor sich zu schauen, um nicht den inneren Hass zu kriegen.

  • Mein Herzenshighlight des Tages: ich wollte auf einer Bank eigentlich nur meine Blasen versorgen, da kuschelte sich plötzlich ein flauschiger Schäferhund mit treuen Augen an mich. Huch, ich war kurz irritiert und dann schon verliebt. Er suchte regelrecht meine Nähe, kuschelte sich eng an mich, gab Pfötchen und stupste mich mit der Nase anwenden ich aufhörte ihn zu streicheln um im Chaos meines Rucksacks nach meinen Blasenpflastern zu suchen. Insgeheim hätte ich gerne gehabt, dass er mir einfach folgte und mich auf dem Weg begleitete. Mein Herz hatte noch nie so etwas niedliches und liebevolles von einem fremden Tier erlebt.

  • Ich ging weiter und plötzlich war ich mitten im Wald auf einem kleinen Pfad entlang eines Baches. Schmetterlinge und Libellen flogen mir um die Nase und ich war so bereichert, dass ich meine schmerzenden Füße erstmal vergessen konnte.

  • Ich hab mich auf dem Weg entschieden heute nur etwas mehr als 16 km nach Cornellana zu gehen und dort in einem Kloster zu übernachten. Darauf freute ich während ich nachmittags barfuß im Gras saß und die Zeit verstreichen ließ. Es waren nur noch 3 km und ich hatte noch den halben Tag Zeit zum Ankommen.

  • Ohne die Hilfe vieler spanischer Menschen wäre ich heute in Buxtehude gelandet. Generell sind die Menschen hier super freundlich und Hupen extra während ich planlos an einer Kreuzung stehe, bringen mich sogar zurück auf den richtigen Weg oder grüßen einfach nur nett mit Handzeichen aus dem Auto. Ich bin kurz überwältigt von dem Gefühl genau hier zu sein. Und nicht irgendwo anders. Nicht in einer Klinik, nicht mit inneren Negativzuständen alleine zu Hause, nicht da wo ich nicht sein möchte.

  • Ich lache mich über Kleinigkeiten kaputt. Der Duschvorhang im Kloster hat diese Eulen mit den großen Augen als Muster, ah okay das ist ja Einwegbettwäsche, aua mir tut ja alles weh hahaha

  • In der Herberge im Kloster angekommen werde ich herzlich von 3 Menschen begrüßt, die ich gestern erst kennengelernt hatte. Zusammen sind wir zum Supermarkt gegangen und haben Fisch mit Salat gekocht. Das Essen und der Wein dazu schmeckten großartig.

Wofür bin ich heute dankbar:

All diese Momente und die innere Zufriedenheit, die ich auch körperlich spüre.

Mela <3

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Jakobsweg: Tag 3 oder Blasen sind Blasen sind Blasen.

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Jakobsweg: der erste Tag und das erste Mal Pilger